Susanne Rottenbacher

COUP DE COEUR

Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten

Susanne Rottenbacher malt mit Licht. Ihre Installation LILY POND ist kürzlich im traditionsreichen Hauptsitz der Firma Swarowski in Innsbruck eröffnet worden. Über fünfzehn Meter erstreckt sich entlang einer historischen Wand ein Meer aus Licht, Seerosen, Kristallen und Blütenblättern.

Mit der Ihr eigenen souveränen, sinnlichen Handschrift und teilweise überraschend störrischen Schwung, ist es Susanne Rottenbacher gelungen, einen komplizierten Raum zu bespielen und artifiziellen Materialien wie Plexiglas und Acrylfolien eine Leichtfüßigkeit zu verleihen, die sich wie selbstverständlich in den Raum ergießt. Es gibt viel und immer wieder Neues zu entdecken; Spiegelungen, Überlagerungen, Reflexionen und Farbspiele eröffnen dem Betrachter einen visuell anregenden Raum, der durch seine unerwarteten Elemente das Auge festhält.

Mit Ihrer Skulptur ist die Lichtkünstlerin Teil einer herausragenden öffentlichen Kunstsammlung, die unter anderem Künstler*innen wie Yayoi Kusama, Lee Bul, Keith Harring oder Niki de Saint Phalle präsentiert. Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Kuratorin Barbara Green traf Coeur et Art Gründer- und Chefredakteurin Esther Harrison die Künstlerin in Ihrer Tiroler Ausstellung.

Cultural Director Carla Rumler, Susanne Rottenbacher und Direktor der Kristallwelten Stefan Isser vor Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Cultural Director Carla Rumler, Susanne Rottenbacher und Direktor der Kristallwelten Stefan Isser vor Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten

Mit Deiner Installation Lily Pond hast du einen Seerosenteich mit Licht gemalt. Wie kam es zu diesem Motiv, wir hatten direkt die Assoziation zu Monet…

Der Name des historischen Ortes, das „Gasthaus Goldene Rose“ (bis 1985), war Inspirationsquelle für meinen Entwurf: ein Seerosenteich auf und entlang der großen langen Eingangswand im Kristallhaus Swarovski Innsbruck. Aus der verbindenden Wesensverwandschaft der Orte – der früheren Wirtschaft mit Sinnesfreuden und Verzehr für jedermann und im Miteinander – zum heutigen Kristallhaus – einem Ort der Verzauberung auf Zeit mit Kostbarkeiten und Bijous zugänglich für die breite Masse  – hat sich für mich der vormalige Name des Hauses und Ortes als Ausgangspunkt und Inspiration für den künstlerischen Entwurf ergeben.

Die Rose – hier in der Ausführung als Seerose – ausgewählt aufgrund ihrer magischen Schönheit und Entrücktheit – die Ruhe ausstrahlt und eine friedvolle, lichtvolle Atomsphäre verbreitet.

Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten

So legt sich die Installation „Lily Pond“, als Seerosenlandschaft auf und vor die große Wand und bleibt durch die historischen Vertiefungen und Öffnungen nicht auf die Oberfläche beschränkt, sondern öffnet sich als dreidimensionaler Bildraum, indem sie sich in die vorhandene Wandstruktur hineinflicht und so mit der jahrhundertalten Bausubstanz in Verbindung tritt.

Über die Spiegelungen in den Fensterflächen entstehen Reflexlandschaften ähnlich wie Wasseroberflächen mit Seerosen, die in ihrer Farbenpracht und ihrer kristallinen Beschaffenheit zwischen dem Hier und der Unendlichkeit strahlen.

Ähnlich den Seerosengemälden von Monet.

Funky Monet.

Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten

Wie lange hast Du an dieser anspruchsvollen Skulptur gearbeitet von der Idee bis zur tatsächlichen Installation; gab es besondere Herausforderungen vor allem auch in Hinsicht auf die Positionierung im Haus?

Wir haben seit Januar 2019 an der Skulptur gearbeitet, also ein dreiviertel Jahr.

Zum einen waren die explosiven Seerosenfiguren mit ihren weit und frei auskragenden Blütenblättern statisch eine Herausforderung.

Für das besonders leichtfüßige, kristalline Erscheinungsbild der Installation wie eine rasche Skizze vor der Wand haben wir uns für die Halterung der einzelnen Elemente mithilfe von 120 Wandstangen entschieden, die aufgrund der Unregelmäßigkeiten in der historischen Fassadenwand auch 120 unterschiedliche Längen der Wandhalter zur Folge hatte. Wir haben genaue Zeichnungen entwickelt, in denen jede einzelne Halterungen mit 3 Achsen (xyz-Achsen) im dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem eingemessen und gekennzeichnet waren. Das war komplex.

Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten

Kam Dir Deine Ausbildung als Bühnenbildnerin zu Gute, um diese komplizierte „Raum-Schlucht“ zu bespielen?

Ich denke ja. Durch die Arbeit an der Bühne und aber auch für architektonische Großprojekte habe ich keine Angst vor großen Räumen. Ganz im Gegenteil.

Ich liebe große Räume.

Und ich denke, dass ich mich durch meine Ausbildung als Bühnenbildnerin vielleicht in besonderem Masse über den Gedanken der Inszenierung Räumen annähere.

Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Susanne Rottenbacher 6

Als Material verwendest Du vor allem Acryl und Folien welche von ihrer artifiziellen Beschaffenheit im ersten Augenblick konträr zur Natur, also auch zu dem Motiv der Seerosen gesehen werden könnten?

Die technische Arbeitsweise ist meine Handschrift, die ich gefunden habe, um mich adäquat zu äußern.

Mit industriellen Materialien kann ich mich ausdrücken.

Ich suche eine Art mechanische Tiefe im Material, die Lebendigkeit im Material – Durchsichten, Spiegelungen, Überlagerungen, Brüche, Farbschichtungen. Außerdem finde ich es interessant, wenn die ganze Technik in meinen Arbeiten dann eben doch eher zum sinnlichen Erlebnis wird, was man angesichts der technischen Materialien vielleicht erst einmal nicht vermuten würde. Es geht um die Auflösung der Dichotomie zwischen Technik und Atmosphäre.

Swarovski kooperiert, unter der Regie der Kuratorin Carla Rumler, bereits über ein Jahrzehnt mit renommierten Künstlern, wie Thomas Feurstein, Yayoi Kusama oder Lee Bul.

Wie war deine Reaktion auf die anderen Positionen im Haus, gab es ein Element, welches Dich als Lichtkünstlerin besonders angesprochen hat?

Tatsächlich sind die beiden Installationen „Into Lattice Sun“ von Lee Bul und der „Chandelier of Grief“ von Yayoi Kusama meine absoluten Lieblingsinstallationen.

Die verspiegelten Räume, in denen utopische Landschaften und Weiten entstehen die die Umgebung und den Besucher in die Setzungen mit hineinintegrieren und damit über sich selbst und seine Position innerhalb des Raumes reflektieren lassen, finde ich sowohl hochpoetisch als auch spannend.

Die Fliegenaugen von Thomas Feuerstein waren natürlich besonders interessant für mich, weil Feuerstein mit seiner Setzung den Raum quasi konträr zu meiner Installation nutzt in Form einer in sich geschlossenen, museal beeindruckenden, statischen Großinstallation vor einer geschlossenen, weißen Wand (white cube).

In meiner Setzung öffnet sich die historische Wand mithilfe der Spiegel in den geöffneten Fensternischen zum dreidimensionalen Bildraum und zu fließenden Reflexlandschaften, durch die sich meine Installation hindurchbewegt.

Hast Du eine persönliche Anekdote zu Swarovski?

Inspiriert durch die Idee Swarovski´s, daß man sich ja im Leben auch durchaus mal schmücken kann, habe ich mir dieses Jahr zu meinem 50. Geburtstag tatsächlich Ohrlöcher stechen lassen.

Als ich beim Juwelier anrief, um einen Termin zu vereinbaren, sagte die Verkäuferin, dass ich zwingend meine Mutter mitbringen müsste.

Ich fand das sehr süß und war dann aber doch ohne meine Mutter dort.

Wo können wir Deine Lichtkunst als nächstes erleben?

Im Oktober 2019 in Berlin bei der Ausstellung „Museum of Now“, einer Gruppenausstellung der Berlin Art Society in Neukölln, Anfang November bei einer Einzelausstellung in der Galerie Jordanow in München und bei der diesjährigen PIN Auktion der Pinakothek der Moderne, bei der Ausstellung „Karl Cool“, einer Gruppenausstellung der Oetker Hotel Gruppe mit Eröffnung im Brenners Park Hotel am 20. November 2019 und einer Einzelausstellung im Kunsthaus Kloster Gravenhorst im Münsterland ab 1.12.2019.

Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten
Susanne Rottenbacher, Lily Pond, © Swarovski Kristallwelten

Mehr über Susanne Rottenbacher hier, sowie über die Lichtskulptur: Lily Pond!

Photo Credits: Swarovski Kristallwelten & Claus Rottenbacher

Authors:  Barbara Green & Esther Harrison 

Translation: Alexandra Etienne