SPECIAL Eigenbedarf in den Uferhallen
Raumnot und Verdrängung sind in ganz Berlin zu spüren. Davon sind längst auch Ateliers und Ausstellungsräume der ‘Kunstmetropole’ wie das Gelände der Uferhallen im Wedding betroffen. Vor rund 12 Jahren haben Künstler*innen den rund 9.000 m² großen Backsteinkomplex, ein ehemaliger Wartungshof der BVG, vor der Nutzlosigkeit bewahrt und mit neuen Perspektiven für sich und die Stadt belebt.
Entstanden ist ein einzigartiges Areal mit etwa 80 Ateliers, Werkstätten und Präsentationsräumen, das mit den sich verändernden Anforderungen gewachsen ist. Doch seit das Gelände 2017 weiterverkauft wurde und zusätzliche Bebauungen sowie eine ‘behutsame’ Entwicklung geplant sind, ist die Zukunft ungewiss.
Ab dem 24. August wird die Ausstellung Eigenbedarf mit 65 beteiligten Künstler*innen das Gelände bespielen und mit künstlerischen Mitteln auf die Situation aufmerksam machen.
Stellvertretend für die 65 teilnehmenden Künstler*innen stellen wir Euch hier sechs von ihnen vor!
VALÉRIE FAVRE
Valérie Favre (*1959 in Evilard, Schweiz) lebt in Berlin und arbeitet seit 2009 auf dem Gelände der Uferhallen. Sie hat seit 2006 eine Professur für Malerei an der UdK Berlin. Ihre Malerei ist konzeptuell und zugleich sinnlich erfahrbar. Thematische Schwerpunkte aus der Kunstgeschichte, der Philosophie, dem Theater und Film prägen ihr Werk.
Ich habe meine Atelier in den Uferhallen seit 2009. Diese Ausstellung könnte zeigen wie lebendig die künstlerische Szene in Wedding ist und wie wichtig Ateliers für Künstler sind.
Ihre Arbeiten waren u. a. in Einzelausstellungen im n.b.k., Berlin, im Musée d’Art moderne et contemporain de Straßburg, in der Von der Heydt-Kunsthalle Wuppertal und zuletzt im Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel zu sehen. Valérie Favre gehört der Jury des Fred-Thieler-Preis für Malerei an.
Die Uferhallen haben schon eine lange Geschichte hinter sich und ich hoffe sehr, dass es hier weiter Raum für Künstler geben wird. Deshalb mache ich einfach mit.
PETER BÖHNISCH
Peter Böhnisch (*1977, Waiblingen) lebt und arbeitet auf dem Gelände der Uferhallen. Er absolvierte sein Studium an der Staatlichen Akademie der Künste in Karlsruhe bei Prof. Andreas Slominski und Prof. Anselm Reyle, das er 2005 als Meisterschüler von Slominski abschloss.
Die Uferhallen sind für mich ein Raum in welchem Menschen sich entfalten können. Die Ausstellung “ Eigenbedarf” wird zeigen wie wichtig es ist, dass solche Orte existieren.
Böhnischs Bilder bestehen aus Holz, Sand, Wachs und anderen Materialien, deren haptische Eigenschaften mit inhaltlichen Bedeutungsebenen der Arbeiten korrespondieren. Elementare Fragen nach Identität und Vergänglichkeit werden in seinen Werken immer wieder verhandelt. Seit einigen Jahren entstehen in einer Werkgruppe Gesichter, die er aus einer selbst entwickelten Technik aus Edelkorund und Pigmenten anfertigt.
Im Laufe eines menschlichen Lebens gibt es immer wieder Herausforderungen, welche damit zu tun haben, dass ein sich Entfalten aus verschiedenen Gründen verhindert wird oder ins stocken gerät. Für jeden bedeutet Entfaltung vermutlich etwas anderes.
ANTJE BLUMENSTEIN
Antje Blumenstein (*1967 in Dresden) lebt in Berlin und arbeitet auf dem Uferhallen-Gelände. Sie hat die HfBK Dresden besucht und ihr Studium 1999 als Meisterschülerin bei Prof. Eberhard Bosslet abgeschlossen. Seit etwa 2013 ist ihr zentrales künstlerisches Forschungsfeld die Linie. Mittels starker Reduktion untersucht sie räumliche Faltungen in unterschiedlichen Medien wie Papier, Malerei, Objekten und ortsbezogenen Installationen.
Es ist mir ein persönliches Anliegen, mich für den Erhalt des Kulturstandortes in den Uferhallen einzusetzen. Diese seit mehr als zehn Jahren gewachsene Gemeinschaft aus Künstler*innen, Gewerbetreibenden und Kulturschaffenden aus verschiedenen Bereichen ermöglicht einen intensiven Austausch und fördert kulturelle Beteiligungsmöglichkeiten im Weddinger Kiez.
Antje Blumenstein ist seit 2013 Mentorin und Kuratorin der Stipendiat*innen des takt Residenzprogramms Berlin. Ihre Arbeiten waren u. a. im Kolbe Museum Berlin, der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, im Kunstverein Bregenz, in der Bergen Kunsthall, im Kunsthaus Erfurt und dem Deutschen Künstlerbund Berlin zu sehen.
Klassische Konzerte sind ebenso erfahrbar wie Ausstellungen und Diskussionen. Durch das Café Pförtner ist ein belebter Treffpunkt entstanden, der auch Austausch mit den angrenzenden Uferstudios und Anwohner*innen ermöglicht.
PETER KLARE
Das Vebinden von Widersprüchen findet sich als Hintergundmotiv in allen Arbeiten von Peter Klare wieder. Sein medienübergreifendes Werk zeichnet das Ausloten und gegebenenfalls Überschreiten von Grenzen aus.
Das Interessante an dem Uferhallen-Konflikt ist die scheinbare Unvereinbarkeit von KünstlerInnen, Denkmalschutz und Investoren – jeder mit seinem eigenen Ziel vor Augen. Würde man sich aber das Zusammentreffen der ungleichen Akteure als einen bewschingten Gesellschaftstanz vorstellen, wo man sich vorsichtig nähert und mutig die Arme umeinander legt, weil das Fremde doch aufregend und beflügelnd ist, dann könnte einem glatt die Lösung einfallen, bei der alle auf ihre Kosten kämen.
Die Malerei bleibt dabei sein “Lieblingswerkzeug”, denn..sie braucht keine Apparatur und keine Masse. Sie ist die hauchdünne Membran zwischen unserer Vorstellungswelt und der berührbaren Realität. Peter Klare hat in Montevideo, München und an der UCLA in Los Angeles freie Malerei studiert. Seine Arbeiten haben in weltweiten Ausstellungen Beachtung gefunden und sind zur Zeit im Sprengel Museum in Hannover und dem Haus der Kunst zu sehen.
Es muß nicht wieder der schale Kompromis hinter alter Fassade gewählt werden.
Anhand eines Modelles stelle ich in der Ausstellung “Eigenbedarf” eine gewagte Vision vor, die der Verdichtung Berlins Rechnung trägt.
YAEL GRAETZ & RICARD LARSSON: The Uferhallen: a great place to have been. The perfect studio, perfect island, very good for working. Art spaces such as the Uferhallen are necessary for the city. However, the feeling of uncertainty and constant change permeates here.We and other artists originally had ideas of how to use the space like building solar panels or a swimming pool… In the end the constant threat of investors buying the space and evicting the artists has meant that it has been a struggle to fulfil these dreams.
Art is becoming more and more like a commodity. You can see the effects of gentrification all over the world and it is coming to Berlin.Our time here has been really great and it would be cool if it develops positively.
We hope that the exhibition will be a part of the change.
HEINER FRANZEN
Heiner Franzen (*1961 in Papenburg) ist ein in Berlin lebender Zeichner und Videokünstler. Nach zwei Jahren an der HfK Bremen absolvierte er sein Studium 1993 an der Hochschule der Künste Berlin.
Er verarbeitet kollektive Erinnerungen aus dem Alltag: Teenagererlebnisse, Kinobesuche, Werbung, Sport, Medizin usw. und setzt sie in große Zeichen- und Video-Installationen wie zuletzt im Haus am Lützowplatz Berlin und auf der Manifesta Palermo.
„Eigenbedarf“: Eine schöne Gelegenheit zu zeigen, wie einzigartig die künstlerische Produktionsstätte ist und wie wichtig deren Weiterbestand.
Künstler*innen / Artists:
Stefan Alber, Lotta Antonsson, Liu Anping, Rosa Barba, Quirin Bäumler, Anke Becker, Ilaria Biotti, Antje Blumenstein, John Bock, Peter Böhnisch, Monica Bonvicini, Peter Dobroschke, Thomas Draschan, Sven Drühl, Elisa Duca, Maria Eichhorn, Lena Marie Emrich, Valérie Favre, Elena Alonso Fernandez, Heiner Franzen, Matthias Galvez, Wolfgang Ganter, Yael Graetz, Lena von Goedeke, Asta Gröting, Katharina Grosse, Kerstin Gottschalk, Harriet Groß, Sebastian Gumpinger, Henrik Håkansson, Nicolai Huch, IOCOSE, Miriam Jonas, Peter Klare, Fabian Knecht, Peter Knoch, Jerry Kowalsky, Kunstblock and beyond (Pantea Lachin, Ina Wudtke), Philipp Lachenmann, Ricard Larsson, Werner Liebmann, Adriana Alicia Fanés Molins, David Moses, Jan Muche, Rainer Neumeier, So Young Park, Manfred Peckl, Andrea Pichl, Tristan Pranyko, Achim Riethmann, Tanja Rochelmeyer, Ulf Saupe, Hansjörg Schneider, Kerim Seiler, Anaïs Senli, Yaqin Si, Friedemann von Stockhausen, Isaac Chong Wai, Klaus Weber, Lois Weinberger, Pete Wheeler, Karen Winzer, Norbert Witzgall, Deniz Zagli
Kuratorin / Curator: Isabelle Meiffert
Ausstellungseröffnung / Exhibition opening
24 August, 16-24h
16-22h Offene Ateliers sowie Performances und Aktionen von / Open studios and performances by Isaac Chong Wai, Elisa Duca, Lena Marie Emrich, Fabian Knecht, Manfred Peckl
19h Eröffnungsrede von / Opening speech by Isabelle Meiffert, Kuratorin / curator
Veranstaltungs- und Rahmenprogramm / Programme and events
27 August | 16h Führung durch Ausstellung und Ateliers* / Guided tour through exhibition and studios*
29 August | 18h OK, Performance von / by Karen Winzer | 19h Quo Vadis?, Podiumsdiskussion mit / Panel discussion with Daniela Brahm, Nicola Halder-Hass, André Kempe, Lukas Staudinger u.a. | Moderation / Host: Hansjörg Schneider
1 September | 16-22h Finissage | 16h Führung durch Ausstellung und Ateliers* / Guided tour through exhibition and studios* | 19h Live-Musik / Live music: gamut inc und Van Urrgh
*Anmeldung / Registration: contact@isabellemeiffert.com
Öffnungszeiten und Kontakt / Opening hours and contact
25 August – 1 September 2019 | Täglich / Daily 16-20h
Montag geschlossen / Monday closed | Uferhallen, Uferstraße 8, 13357 Berlin-Wedding
Mediapartner: Coeur et art
Header Photo: Atelier, Peter Klare, Interview with coeuretart.com | © Martin Peterdamm – Portrait und Werbefotografie
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